Leseprobe aus dem 2. Band der Fantasy Reihe Das Vermächtnis der Lil`Lu.
Erik sackte stöhnend in sich zusammen. Zum Glück war er dieses Mal allein. Er kauerte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem steinigen Boden im Flur vor seinen Gemächern und wartete darauf, dass sich der Brand in seiner Brust wieder legte. Der Dolch hatte ihn dieses Mal mit voller Wucht getroffen. Stärker als im Orden vor dem Großmeister. Brennend steckte die Klinge in seiner Brust. Und obwohl Erik wusste, dass dies nur ein Gefühl war, rissen seine Hände das Hemd auf und entblößten seine Brust. Der Atem stockte ihm.
Das Zeichen der Lil brannte tatsächlich!
Flammen loderten um das Tattoo des Dolches herum – tanzten wild über seine nackte Haut, leckten bis hinauf zum Hals. Und dann war der Spuk vorbei. Die Flammen erloschen, als hätte jemand sie ausgepustet. Nur ein leichtes Kribbeln verriet, dass etwas nicht stimmte. Und er hatte das unbändige Verlangen, ihr nahe zu sein – Lovisa.
Diese verdammte Lil`Lu bringt mich noch ins Grab! Erik biss die Zähne
zusammen und erhob sich. Das Hemd hing ihm zerrissen von seinem muskulösen Oberkörper. Verzweifelt rieb er sich die Brust. Was sollte er nur tun?
Erik stand vor einem Dilemma. Vor nicht einmal fünfzehn Minuten hatte er etwas erfahren, das ihn schier in den Wahnsinn treiben würde: Der Riss in seinem Universum – Ulrikas Riss – wuchs nicht mehr. Man hatte eine gigantische Energieentladung am Rande des Universums beobachtet. Ein silber gleißendes Licht.
Die Wissenschaftler hatten gedacht, dass nun ihr letztes Stündlein geschlagen hätte, wussten sie doch, was schon mit unzähligen Universen geschehen war, in denen die Wechsler nicht zurückgekehrt waren. Doch sie waren noch hier. Diese Welt existierte noch. Es war ein Wunder! Der Riss – das alles bedrohende Loch – hatte sich in pulsierende Energie transformiert. Eine neue Form von Pulsar, die nicht wuchs, sondern nur einfach am Rande des Universums zu existieren schien. Wie dies möglich war, das konnte sich niemand erklären. Und ob die Gefahr auf Dauer gebannt war, das stand in den Sternen.
Doch Erik war eines schlagartig bewusst geworden: Er konnte nicht zu Lovisa zurück! Jeder Wechsel würde ein neues Loch in diese Welt reißen. Er konnte sie nicht einmal besuchen, denn der Orden hatte ihm jeden weiteren Wechsel untersagt. Ihm war eine neue Aufgabe übertragen worden. Seine Zeit als Dimensionsagent war vorüber.
Natürlich hätte er einfach wechseln können. Niemand konnte ihn aufhalten. Doch sie würden es wissen. Und solange sie Marit in ihrer Gewalt hatten, waren ihm die Hände gebunden. Marit ohne Rücksicht auf Verluste zu befreien und mit ihr in eine andere Welt zu fliehen, war ein guter Plan, als diese Welt sowieso dem Ende nahe gewesen war. Doch nun? Wo sollten sie hin? Wo sollten sie sich auf dieser Welt verstecken? Sein Gesicht, ihr Gesicht – sie waren beide viel zu bekannt, um untertauchen zu können. Und ständige Wechsel in andere Welten und zurück waren leider keine Option, da Erik nicht einmal wusste, wie er seine Schwester zu einem einzigen Wechsel bringen sollte. Es war durchaus möglich, dass sie es niemals schaffte.
Und nun diese Schmerzattacken. Diese unbändige Sehnsucht nach der Dämonin der alten Zeit. Ihr Bann war stark. Erik zweifelte nicht daran, dass es ihn umbringen würde, wenn er sein Versprechen brach und nicht zu ihr zurückkehrte.
Sein Leben gegen das der ganzen Welt …
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