Uff, irgendwie bin ich die letzten Wochen zu nichts gekommen. Hatte viel Besuch :o) Zum Beispiel war meine kleine Nichte hier. So süß!
Aber diese Woche gibt es wieder ein Appetithäppchen.
Heute eine Minileseprobe aus dem Roman Lovisa - Im Zeichen des Feuers, aus der Reihe Das Vermächtnis der Lil`Lu.
Die Vision erwischte mich eiskalt.
Emilie stieß einen unterdrückten Schrei aus und schlug sich die Hände vor den Mund. Sie kauerte verängstigt hinter ein paar spärlich belaubten Büschen und starrte mit weit aufgerissenen Augen durch die dünnen Zweige auf etwas, das sich meinem Blick entzog. Schritte stampften über Kies, es raschelte, dann eine strenge Stimme.
»Waffen weg und mit erhobenen Händen langsam herauskommen!«
Emilie zuckte zusammen, als wäre sie geschlagen worden, dann begann sie, wie Espenlaub zu zittern. Sie hob den Blick und sah mir direkt in die Augen.
Hilfe!
Ihre stumme Bitte traf mich wie ein Blitzschlag. Ich erwachte und starrte direkt in Josefins Augen, die mich zutiefst erschüttert ansahen. Oh, verdammt, mein Timing war wieder einmal erschreckend.
»Geht es Euch gut?«
Ich zitterte und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Emilie? Sie war in Gefahr? Wo? Und vor allem, wann? Meine Visionen waren da nicht sehr spezifisch. Um genau zu sein, wusste ich erst seit Kurzem, dass es tatsächlich echte Visionen waren und diese durchaus aus verschiedenen Zeiten stammen konnten. Sogar aus verschiedenen Welten. Aber Waffen?
Als ich Josefin nicht antwortete, lief sie zur Tür und zauberte dort eine Computerkonsole hervor.
»Ich rufe Hilfe«, murmelte sie. Zum Glück war sie da genau wie meine Josefin, sie redete immerzu und sprach meist auch ihre Gedankengänge laut aus, bevor sie handelte.
»Nein!«, schrie ich und war mit zwei Sätzen bei ihr. Ich schubste sie fast von der Konsole fort, so dringend war es mir, sie an ihrem Vorhaben zu hindern.
Josefin wich erschrocken vor mir zurück, ich versuchte, mich zu beruhigen. Wie mochte ich für sie aussehen? Das Bild von Ulrika kam mir in den Sinn, wie sie mit irrem Blick durch mich hindurchsah und panisch ihre Hände rieb. Ich atmete tief ein, sah Josefin direkt in die Augen und gab mir Mühe, so normal wie möglich zu klingen.
»Es geht mir gut. Wirklich«, fügte ich hinzu, denn ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. »Das ... hm … was eben passiert ist, möchte ich gern für mich behalten.«
Ich zögerte. Eigentlich hatte ich keine Ahnung, wie ich es Josefin begreiflich machen sollte, dass niemand davon erfahren durfte, ohne ihre Neugierde zu sehr zu wecken. Außerdem war ich nicht sicher, was genau sie sich aus meiner Reaktion zusammenreimte. Ich wusste ja nicht einmal, wie ich mich verhalten hatte. Hatte ich nur stocksteif dagestanden oder hatte ich etwas gesagt? Als ich die Vision vom bestialischen Mord an Gunnar in Amandas Flur gehabt hatte, da hatte ich laut Emilie geschrien wie am Spieß.
Emilie! Ihr stummer Hilferuf schickte mir eine grausige Gänsehaut über den Rücken. Ich wünschte mir sofort die nächste Vision herbei, obwohl ich weder das Josefin-Problem gelöst noch Einfluss auf meine Visionen hatte. Ich konnte sie nicht nach Belieben herbeiholen, sie kamen einfach über mich.
Josefin blickte mich äußerst skeptisch an.
»Ich muss alle … Besonderheiten melden«, sagte sie vorsichtig. »Aus welchem Grund sollte ich diesem Befehl nicht gehorchen?«
»Bitte.« Ich sah Josefin flehend an. »Ich bin nicht krank. Ich hatte eine Erinnerung. Etwas, das nur mich selbst etwas angeht«, versuchte ich es mit der Halbwahrheit.
Sie sah mich wachsam an. Ihr Blick huschte zur Konsole und zu mir zurück. Ich trat einen Schritt rückwärts. Wenn ich sie jetzt zwang, dann würde sie mein Verhalten bei erstbester Gelegenheit melden, davon war ich überzeugt.
So ist es gut. Folge deinem Instinkt, flüsterte Ulrikas Stimme in meinem Kopf. Mein Blick flackerte. Ich hoffte, Josefin hatte es nicht gesehen.
»Ihr habt das Zweite Gesicht«, hauchte Josefin auf einmal.
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